Studie: Hinter der „künstlichen“ Intelligenz für das autonome Fahren steckt die Crowd

ByRobert Fuss

Mai 2, 2019

Hinter der „künstlichen“ Intelligenz, die unter anderem beim autonomen Fahren benötigt wird, steckt in Wirklichkeit ein Heer gering bezahlter Crowdworker/innen. Sie erzeugen hochpräzise Trainingsdaten für die KI-Modelle der Automobilindustrie. Diese Crowdworker/innen bringen den lernenden Maschinen das Hören, das Sehen und das umsichtige Fahren bei. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Professor Florian A. Schmidt für die Hans-Böckler-Stiftung erstellt hat.
Der Markt für crowdproduzierte Trainingsdaten wächst ständig. 2018 verfügten bereits 55 Firmen über eine Lizenz zum Testen eigener autonomer Fahrzeuge in Kalifornien. Neben den großen Automarken und deren Zulieferern sind in diesem Bereich nun auch große Hardware- und Softwarefirmen tätig, die bisher nichts mit Autos zu tun hatten: Intel und Nvidia, Google und Apple.
Eine Reihe von Plattformen wurde extra zu diesem Zweck neu gegründet; andere haben ihr Angebot und ihre Prozesse komplett auf die Anforderungen der Autoindustrie umgestellt. Darüber hinaus versucht die Branche, sich ein moderneres Image zu geben. Der Begriff der „Crowd“ wird durch den Zusatz „AI“ ersetzt. Teile der Arbeit können bereits von Machine-Learning-Systemen übernommen werden, sodass die Crowdworker/innen teilweise nur noch die Ergebnisse der KI überprüfen und korrigieren.
Die Arbeiter/innen, die für diese Studie befragt wurden, klagen darüber, dass es zu wenig Arbeit dieser Art gäbe und dass diese Arbeit immer schlechter bezahlt werde. Qualifizierte Vollzeitarbeitskräfte verdienen auf diesen Plattformen in der Regel ein bis zwei Euro pro Stunde. Die Arbeit fließt dynamisch zu jenen Menschen auf der Welt, die die niedrigsten Löhne akzeptieren – zum Beispiel, weil ihre wirtschaftliche Not besonders groß ist. Zum Zeitpunkt der Recherche kam Venezuela eine Schlüsselrolle zu – einem Land mit gut ausgebildeter und gut vernetzter, jedoch von Hyperinflation geplagter Bevölkerung. Menschen aus Venezuela sind so Teil eines Heers von digitalen Wanderarbeitern geworden, die wie Erntehelfer zwischen den neuen Plattformen hin und her ziehen.

Florian A. Schmidt, Crowdproduktion von Trainingsdaten, Study 417 der Hans-Böckler-Stiftung